Wie wäre mein Leben ohne SAPHO und CRMO?
In letzter Zeit beschäftige ich mich intensiv mit ME/CFS. Nicht, weil ich selbst daran erkrankt bin – zum Glück nicht – sondern weil ich in den Geschichten vieler Betroffener Parallelen zu meinem eigenen Krankheitsweg erkenne. Die unfassbaren Leidenswege dieser Menschen haben mir den Impuls gegeben, meine eigene Geschichte noch einmal genau anzuschauen.
Ich habe begonnen, alle Unterlagen zusammenzutragen: Arztbriefe, Laborbefunde, immunologische Untersuchungen, meine eigenen Notizen aus Jahrzehnten. Dabei taucht eine Frage immer wieder auf: Was wäre, wenn man mich damals, als Schülerin in der DDR, nicht ins Reifenwerk geschickt hätte?
Kein Kontakt zu hochkonzentrierten Vulkanisationschemikalien. Keine offenen Hautläsionen voller Toxine. Kein Kontakt mit Propionibacterium acnes. Vielleicht hätte ich heute ein Leben ohne SAPHO.
Wenn mich früher jemand gefragt hat, wie ich mit meiner schweren SAPHO- und CRMO-Form leben kann, antwortete ich oft: „Man wächst in die Krankheit hinein. Sie ist in meiner Jugend ausgebrochen, und ich habe gelernt, damit zu leben.“
Heute weiß ich: Das stimmt nicht. Ich habe gelernt, meine Krankheit zu ignorieren. Solange die Medikamente hoch genug dosiert sind und ich mich ein kleines Stück der Normalität annähere, blende ich aus, was mein Körper mir eigentlich sagen will.
Das Ergebnis:
- Ich habe mich überfordert.
- Ich habe Dinge getan, für die ich zu krank war.
- Die Quittung kam mit voller Wucht – Schub
Dann:
- Noch ein paar Tabletten.
- Noch ein paar Tropfen Opiate.
- Morphium in Reserve.
Hier liegt auch die Parallele zu ME/CFS: In beiden Fällen bleibt das Immunsystem in einer Art „Dauer-Alarmmodus“. Bei ME/CFS meist ausgelöst durch eine Virusinfektion – bei mir durch chemische und bakterielle Trigger. Die Folge: eine immunologische Fixierung, ein dauerhaft gestörtes Gleichgewicht von Entzündungs- und Regenerationsprozessen, angetrieben von Zytokinen.
Und so frage ich mich heute: Wie hätte mein Leben ausgesehen mit stabilen Knochen? Ohne Schmerzen. Ohne Lähmungserscheinungen. Ohne Ängste. Ohne Schlaflosigkeit, Hoffnungslosigkeit und Resignation.
Nicht „so tun, als wäre man gesund“ – sondern gesund sein.

Zum Weiterlesen: (SAPHO und Propionibacterium acnes)